Distributed Delivery:
Agile Softwareentwicklung über mehrere Standorte
Keywords: Banking, Agile Methoden & DevOps
Eine optimierte Kostenstruktur und die Reduzierung von Reisekosten sind die häufigsten Treiber für die Nutzung von Nearshore Kapazitäten bzw. Remote Delivery in der IT Wertschöpfung. Allerdings entstehen signifikante Risiken, sofern nicht die notwendigen Voraussetzungen für eine effektive Funktionsweise von verteilt liefernden Teams sichergestellt werden. Im schlimmsten Fall werden die beabsichtigten Kostenvorteile durch mangelnde Effizienz und unzureichende Qualität nicht oder nur unzureichend realisiert.
Senacor arbeitet seit Jahren in verschiedenen Liefermodellen (Scrum, Wasserfall oder Mischmodelle) mit unterschiedlich hohen Anteilen von Distributed Delivery. Die gewählten Strukturen und Prozesse werden hierzu spezifisch auf die jeweiligen Kundenorganisationen und Lieferartefakte zugeschnitten. Allerdings hat sich eine Reihe von Best Practices als gemeinsame Basis bewährt.
Vorbedingungen für effiziente verteilte Lieferung herstellen
Typische Probleme in der Remote Entwicklung sind Reibungsverluste in der Kommunikation, verringerte Produktivität oder ein fehlendes Verantwortungsgefühl. In der Regel sind dies Symptome von strukturellen Problemen in dysfunktionalen Entwicklungsprozessen. Um dem entgegen zu wirken, gilt es in der Start-Phase zunächst gemeinsam vor Ort die Kerneigenschaften einer effizienten und effektiven Lieferorganisation herzustellen.
Aufgrund des hohen Koordinationsaufwands bei der Integration von „Remote-Satelliten“ in die Lieferprozesse, empfehlen wir verteilt liefernde Teams mit klar abgrenzbaren, fachlichen Funktionsteilen zu bilden. Außerdem sollte ein einheitlicher Entwicklungs- und Collaboration Toolstack mit einem „Remote-First“-Anspruch etabliert werden. Das bedeutet, dass die gewählten Prozesse und Tools gleichermaßen Onsite und Remote funktionieren und die Koordination optimal unterstützen müssen. Hierfür haben sich beispielsweise Pair Programming Tools, Wiki als Knowledge Base, Collaboration Tools für ad hoc Kommunikation und Video Conferencing Tools als hilfreiche Unterstützung bewährt.
Des Weiteren sind organisatorische Regeln festzulegen, z.B. Reiserhythmus oder Projektstandort. Bei der Teambesetzung achten wir stark auf die Remote-Kompetenz und den Cultural Fit insbesondere im Hinblick auf die Einbindung der Nearshore Kollegen.
Stellschrauben im verteilten Software Delivery Modus
Das Tooling der Softwareentwicklung begünstigt grundsätzlich das verteilte Arbeiten an gemeinsamen Lieferartefakten. Sind die Vorbedingungen aus dem vorherigen Abschnitt hergestellt, erfordert das verteilte Arbeiten v.a. mehr Disziplin in der Kommunikation und Durchführung effizienter Meetings. Insbesondere am Anfang begleitet ein Scrum Master diesen Prozess intensiver. Gleichzeitig sind alle Teammitglieder aufgefordert den Entwicklungsprozess kontinuierlich zu optimieren, z.B. durch geringe Reaktionszeiten bei asynchroner Kommunikation oder Videoconferencing als „default“ zur Vermeidung von Missverständnissen und erhöhter Verbindlichkeit.
Regelmäßige physische Treffen als Erfolgsfaktor im verteilten Liefermodus
Sofern ein erhöhtes Risiko von Missverständnissen trotz der getroffenen Vorkehrungen besteht, empfehlen wir die Durchführung von regelmäßigen physischen Treffen auch im eingeschwungenen Distributed Delivery Modus. Diese Risiken bestehen beispielsweise bei Einbezug neuer Stakeholder, der gemeinsamen Erarbeitung eines fachlichen bzw. technischen Zielbildes oder der Neustrukturierung von Teams bzw. Durchführung von Deployments.
Flexible Standortwahl
Wir setzen gewöhnlich Mitarbeiter von verschiedenen Standorten in Deutschland und Österreich in den Teams ein. Zu Beginn findet dies vor allem vor Ort in den Räumlichkeiten unserer Kunden statt, um in enger Abstimmung die Konzeption durchzuführen und um die Grundlagen für die Skalierung festzulegen. Anschließend ist ein Mitarbeitereinsatz aus Senacor Offices in Deutschland möglich. Verteilt in Deutschland und ggf. auch in Nearshore Standorten bündeln sich Mitarbeiter teilweise lokal in „Hubs“, um sich gegenseitig zu unterstützen. Gute Erfahrung machen wir in der Regel mit dem „Auslagern“ von Projektteams am Senacor Standort in der Nähe zum Kunden. Diese Variante ermöglicht kurzfristige physische Treffen mit wichtigen Stakeholdern und schafft gleichzeitig den oft gewünschten Abstand zwischen Projekt und Tagesgeschäft.
One-Team Ansatz bei der Integration von Nearshoring
In der verteilten Lieferung von Software ist der Einbezug von Nearshore Kollegen „nur“ eine weitere Dimension, insbesondere durch die Sprachkomponente. Da Deutsch als Projektsprache eine gängige Anforderung unserer Kunden ist, rekrutieren wir immer mit dem Anspruch, dass eine Einbindung auf gutem Sprachniveau im Projekt möglich ist. Dies beinhaltet auch, dass Nearshore Mitarbeiter fachlich in deutscher Sprache beitragen können.
Es gibt in der Einbindung von Nearshoring Teammitgliedern keine „verlängerte Werkbank“, d.h. die Verantwortlichkeit ist so zuschneiden, dass die Mitarbeiter Verantwortung für ihre Lieferartefakte übernehmen. Um ein einheitliches Verständnis und hohe Verbindlichkeit herzustellen, empfehlen wir daher auch im Aufbau der Lieferorganisation und der Teamprozesse die Nearshoring Kollegen vor Ort einzubinden. Um „Remote-Satelliten“ zu vermeiden, empfehlen wir, dass Nearshore Kollegen in einem Lieferteam verortet sind, dass gesamtheitlich verteilt liefert.
Ansprechpartner

Sophie
Hummel
Partner
München
Expertin für agile Vorgehensmodelle und Organisationen
Sophie Hummel ist Partnerin bei Senacor im Competence Center Retail Finance. In ihrer Rolle berät sie Kunden in der frühen Phase der Produktentwicklung und im Aufsetzen effektiver Lieferorganisationen. Häufig starten Projekte allerdings nicht auf der „grünen Wiese“, daher unterstützt Sophie die Organisationen dabei, inkrementell und für die Kunden passende, effektivere und reaktionsfähigere Zusammenarbeitsmodelle zu finden.
Seit ihrem Abschluss des wirtschaftwissenschaftlichen Studiums hat Sophie immer IT-nah in Transformationsprogrammen in verschiedenen Rollen gewirkt.
Im Rahmen eines IT-Transformationsprogramms zur Abspaltung von Krediten in einer Abwicklungsanstalt kam Sophie 2010 zum ersten Mal mit Senacor in Kontakt. Und so zog sich ihr Fokus dann weiter durch ihre Projektlaufbahn: Wie lassen sich strategische Entscheidungen so operationalisieren, dass die gewünschten Ergebnisse erzielt werden, insbesondere im Hinblick auf Reaktionsfähigkeit, Geschäftsnutzen und Geschwindigkeit?
Diese Fragestellungen hat Sophie in diversen Projekten im Retail Banking und Professional Services Business bearbeitet: Bei der IBM in einem internen Transformationsprogramm, danach auf Kundenseite in globaler Rolle für eine international agierende Marktforschung. In 2014 kam Sophie als Projektmanagerin zu Senacor. Hier leitete sie seit ihrem Start die Implementierung eines neuen Bezahlverfahrens im Bankenumfeld und begleitete den Kunden im schrittweise Umbau hin zu einer agilen, skalierten Produkt/IT-Organisation. Ihre Kunden kommen im Schwerpunkt aus dem Retail Banking und Payments Bereich.
Häufig wird vergessen, wozu agile Methoden und Frameworks eigentlich helfen sollen und werden als Selbstzweck eingeführt. Doch am Ende geht es und ging es immer darum, Arbeit so zu organisieren, dass der Kunde zufrieden ist, und das Unternehmen dabei Geld verdient. Und in dynamischen Märkten, steigender Konkurrenz und zunehmender Veränderungsgeschwindigkeit helfen agile Prinzipien und Praktiken dabei Unternehmen und ihre Mitarbeiter „fit“ und robust für Veränderungen zu machen.
Ausbildung
Diplom, Wirtschaftswissenschaften – priv. Universität Witten/Herdecke
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